Warum ich glaube
Tobias Hütter

„Warum ich glaube?“ Schon als ich zum ersten Mal von dieser Kategorie im Gemeindebrief hörte, regte sie mich irgendwie auf. Als ob meine – oder eine andere – Meinung da von Bedeutung wäre. Ich könnte auch einen Artikel schreiben: „Warum ich glaube, dass es Angela Merkel gibt“. Inhaltlich wäre das genauso aussagekräftig. Es gibt Gott – meine Meinung darüber tut nichts zur Sache – oder?!
Meine Abneigung ging auf die verschiedenen Dimensionen des Wortes „Glaube“ zurück. Unter der Fragestellung verstand ich vor allem ein „warum ich glaube, dass es Gott gibt“. Ich verstand darunter den Versuch, den Glauben dadurch zu begründen, dass nur möglichst viele Leute öffentlich ihre Zustimmung bekunden. Eine Sache wird aber nicht wahrer (oder falscher), wenn möglichst viele an sie glauben.
Die Frage „warum ich glaube“ ist aber wesentlich mehr als dieses „Glauben, dass“.
Viel wichtiger ist nämlich die Frage, warum ich ihm glaube – oder anders: ihm vertraue.
Ich möchte in diesem Artikel auf drei Dimensionen dieser Frage eingehen:
- Warum ich glaube, dass es Gott gibt (obwohl meine Meinung dafür, wie erwähnt, keine Rolle spielt)
- Warum Jesus?
- Warum ich ihm vertraue.
1. Warum ich glaube, dass es Gott gibt
Es gibt vieles, was ich dazu schreiben könnte und was ich schon mehrfach in Diskussionen geäußert habe. Da ein Großteil meiner Freunde von der Nichtexistenz Gottes überzeugt ist, hat es hier nicht an Gelegenheiten gefehlt. Ich diskutiere gerne, aber letztlich verhält es sich ähnlich, wie jemanden von der Existenz meiner Frau zu überzeugen. Ich kann erzählen, einen Goldring vorzeigen und vieles vieles mehr. (Ich musste das einmal machen, um ein Paket für sie zu holen. Das ist wesentlich schwieriger, als man denkt.) Am einfachsten wäre aber, zu sagen: „Komm doch mit und sprich einfach mit ihr.“ Mit Gott ist es eigentlich genauso. Gott existiert unabhängig davon, ob ich das nun für möglich halte oder nicht. In meiner Jugend habe ich mir gewünscht, dass es ihn nicht gäbe: Das hätte mir das Leben erleichtert – ohne Gott sind am Ende alle moralischen Grundlagen dann nämlich doch beliebig. Ob ich nett zu anderen Menschen bin, liegt dann an mir und auch, was ich aus meinem Leben mache – oder auch nicht mache. Wer an dem Indizienprozess zum „Gottesbeweis“ interessiert ist, kann mich gerne gezielt darauf ansprechen oder in den Büchern von C.S. Lewis lesen, die mein Denken stark geprägt haben.
2. Warum Jesus?
Die christliche Erziehung meiner Eltern führte bei mir als Kind zu der Überzeugung, dass es einen Gott gibt und meine Religion eben einer von vielen Wegen zu ihm ist. Als ich älter wurde, setzte ich mich dann mit meinem Taufspruch "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch mich." auseinander. Meine "viele Wege führen nach Rom"-Theorie konnte daran nicht bestehen bleiben. Aber wenn ich mich schon für eine Religion entscheiden musste, warum ausgerechnet für das Christentum?
Als (Pseudo-)Historiker lässt sich zumindest nicht abstreiten, dass dieser Jesus gelebt hat. Von den Berichten her, war er anscheinend ein cooler Typ, der Gutes getan hat und einige gute Ideen über das Leben hatte.
Er selbst hat beansprucht, Gottes Sohn zu sein. Damit kann er nun doch kein cooler Typ mehr gewesen sein, denn: Entweder war dieser Mensch verrückt oder tatsächlich Gottes Sohn. Aber würde der Retter der Menschheit so ein einfaches Leben führen und so jämmerlich sterben?
Eindeutig ja! Eigentlich würde ich mir den Retter der Menschheit als eine Art Super-Superhelden vorstellen, der einen starken Auftritt hinlegt. Mit einer tiefen furchteinflößenden Stimme wie Christian Bale als Batman. Oder explosionsartig auf dem Boden landet wie Superman und mit seinen Laseraugen meine Feinde verdampft. Menschen früherer Zeiten hätte da vielleicht auch schon eine große Armee gereicht.
Ich warte auf den hocherhabenen König und bekomme... eine Lektion in Demut. Er setzt sich über alle Heere und alle meine menschlichen Vorstellungen hinweg und überwindet die Welt. Gott siegt in Schwachheit. Jesus bricht meine Erwartungen und öffnet mir die Augen für Gottes Wesen. (Obwohl manche "christlichen" Filme und moderne Lobpreislieder ihn wieder zu diesem armeemäßigen mächtigen Haudrauf machen wollen.)
3. Warum ich ihm vertraue
Ich glaube das ist der Teil, der eigentlich von mir erwartet wurde. Was kann ich dazu sagen? Er hat sich als vertrauenswürdig erwiesen. Gott ist nicht mein Raketenknopf, der alle meine Probleme wegfegt und meine Feinde demütigt. Obwohl ich mir das oft gewünscht habe und gelegentlich noch wünsche. Gott hat Humor: Wenn ich stolz bin, demütigt er mich und wenn ich an mir zweifle, hält er mich und hilft mir, mich nicht so ernst zu nehmen. In meiner Jugend war ich sicher, dass mein Leben im besten Fall wertlos ist und viel wahrscheinlicher nur dazu dienen kann, anderen Leid zuzufügen. Jesus hat mir nie gesagt, warum mein Leben Wert hat, er hat ihn mir gezeigt. Auch darin erkenne ich Gott, der in meinem Leben wirkt. Selten so, wie ich mir das wünsche, aber immer so, dass ich an Leben gewinne.
Warum ich glaube? Weil Jesus mich restlos besiegt und darin der große Gewinn meines Lebens liegt. Und weil er auch meinen Stolz über meine ach so wohlklingenden Worte irgendwie zum Guten führt.
Tobias Hütter