Warum ich glaube

Ingo Volz

„Puh, soll ich das wirklich im Gemeindebrief beantworten?“, ist mein erster Gedanke, als ich die Anfrage dazu erhalte. Weitere Gedanken, die mir durch den Kopf gehen:  „Was soll ich da denn schreiben?“ oder „Soll ich wirklich ehrlich antworten?“. Eigentlich sollte ich doch eher schreiben, wie sehr ich manchmal an Gott zweifle, dass ich noch vor einer Weile lieber mit dem Glauben hinschmeißen wollte, als dranzubleiben. Stundenlange Spaziergänge mit immer wiederkehrenden Fragen nach Gott, wo er ist. Warum erlebe ich Ihn nicht so, wie ich mir das vorstelle? Warum zeigt er sich nicht dann, wenn ich es gerade dringend notwendig habe? Soll ich wirklich über diese Zweifel schreiben? Das klingt doch so gar nicht christlich, oder? Warum also glaube ich bzw. warum ich also trotzdem glaube:

Wie fing das mit dem Glauben bei mir eigentlich an?

Ich bin in einem christlichen Umfeld groß geworden. Meine Eltern sind beide Christen, mein Opa war Pastor. Jeden Sonntag besuchten wir den Gottesdienst, unter der Woche war Jungschar. Meine Heimatgemeinde bei Pforzheim war sehr groß, sodass auch nahezu mein kompletter Freundeskreis aus Christen bestand. Somit habe ich schon sehr früh Jesus kennen gelernt und mich als Kind für Ihn entschieden. Meine Mutter meinte damals zu mir, dass ich mein Leben persönlich Jesus übergeben muss. Im Flur unserer Wohnung habe ich mich dann niedergekniet und Jesus mein Leben gegeben. Die damalige Motivation war relativ einfach. Ich wollte nicht in die Hölle, sondern zu Jesus in den Himmel.

Auch meine Jugend habe ich viel in der Gemeinde verbracht. Jugendkreis, etliche Jugendtage, Freizeiten und Seminare habe ich als Teilnehmer besucht und später selber geleitet oder organisiert.

Ich wollte mich schon immer v.a. in die Jugend investieren, weil ich selber so sehr von meinen damaligen Jugendleitern profitiert habe. Ihr vorgelebter Glaube, ihre Investition in mich, hat mich sehr beeindruckt und in meiner Sturm-und-Drang-Phase als Teenager an der Gemeinde und, was ich damals noch nicht verstand, auch am Glauben gehalten. Dafür bin ich bis heute dankbar.

Ich hatte also eine schöne Kindheit und Teenagerzeit. In der Jugendgruppe habe ich mich dann mit Carmen befreundet. 2006 heirateten wir, 2008 nach meinem Abschluss zum Holztechniker kam dann der Umzug nach Wilhelmsdorf. 2010 kam unsere erste Tochter Mathea, 2012 unsere zweite Tochter Emelie zur Welt. Alles lief so gut, ich/wir fühlten uns so besonders reich beschenkt. Dann stirbt 2014 unser 3. Kind Ben Simeon kurz vor der Geburt. Ein heftiger Schlag in unsere heile Welt. Bisher war mein Glaube an einen guten Gott so selbstverständlich. Dieses Urvertrauen in Ihn wurde gebrochen. Unsere Unbekümmertheit war nun weg.

Es haben sich dadurch aber auch andere Dinge an meinem Glauben verändert. Vor dem Tod von Ben kannte ich eine Sehnsucht nach dem Himmel eigentlich nicht. Das war alles so weit weg. Jetzt sehe ich Ben oft in Anbetungszeiten vor meinem geistigen Auge im Himmel sitzen, wie er auch Jesus anbetet. Das ist einerseits traurig, aber auch schön. So hat sich eine Sehnsucht entwickelt, ihn wiederzusehen und dadurch auch die Sehnsucht Jesus zu sehen. Im Himmel als Familie komplett zu sein.

Bei allen Zweifeln, die ich am Anfang beschrieben habe, komme ich (in positiver Weise) von Jesus nicht los. Leben ohne Ihn kann ich mir gar nicht vorstellen. Also mit Ihm. Da lerne ich immer wieder von meinen eigenen Kindern. Sie verhalten sich oft genauso mir gegenüber, wie ich das wohl mit Gott mache. Manchmal frech oder ungehorsam. Verstehen oft nicht, warum ich ihnen etwas verbiete oder in ihren Augen so streng bin. Trotzdem wissen sie aber, dass ich sie unendlich lieb habe und nur das Beste für sie will. So ist mir Gott ein guter Vater, der mich annimmt und liebt wie ich bin. Obwohl ich manches nicht verstehe. Aber genau darum heißt es eben Glaube.

Ingo Volz