Die Engel mit der Posaune auf dem Betsaal

Da stehen sie vergoldet und blasen ihre Posaunen in alle vier Himmelsrichtungen. Nicht etwa unser Posaunenchor, sondern die Engel auf dem Dach des Betsaals. Vier Stück sind es und in jede Himmelsrichtung bläst einer seine Posaune. Das ist ein ungewöhnlicher Dachschmuck, der unseren Betsaal da ziert. Aber wie alles, was an und um Kirchen gebaut ist, soll auch dieser „Engelsschmuck“ über sich selbst hinausweisen und die Gemeinde erinnern.

Die Engel mit den Posaunen sind den biblischen Texten der Offenbarung des Johannes entnommen. Vor allem im Kapitel 8 und 9 dieser großen Schau vom Ende der Welt, begegnen uns diese Engel. Dort sind es insgesamt sieben Engel, die nacheinander jeweils in die Posaune blasen, und so einen neuen Abschnitt vom Ende der Welt einleiten. Es folgen dabei allerlei schlimme Dinge, die über diese Welt kommen. Doch die Offenbarung des Johannes ist nicht geschrieben worden, um die Gemeinde zu erschrecken, sondern um sie zu trösten. In all dem Schlimmen dieser Visionen soll sich die Gemeinde getröstet wissen.

Zum Einen: Die Engel selbst blasen es ein, d.h. auch hier ist Gott allem Wehe zum Trotz derjenige, der das letzte Wort hat. Seine Boten geben das entscheidende Signal. Die Gemeinde Jesus Christi weiß sich daher in allem Wehe der Welt, selbst wenn 1/3 der Erde verbrennt, der Meere vergiftet, 1/3 der Süßwasserreserven vergiftet, ja 1/3 der Menschheit in Kriegen und Katastrophen zugrunde geht, in der Hand ihres Gottes. Der Schrecken hat nicht das letzte Wort.

Hinzu kommt der Gedanke: All diese Schrecken werden verglichen mit den Wehen der Geburt. Furchtbarer Schmerz aber doch Schmerz, der am Ende Neues hervorbringt: Gottes neue Welt.

Die vier Engel an den Dachseiten des Betsaals stehen vermutlich für die vier ersten Engel im Buch der Offenbarung. Es folgen dann noch drei weitere mit weiteren Schrecken, im Grund stehen sie aber wohl für alle 7 Engel. Ja letztlich für die himmlische Welt überhaupt. Sie umgibt uns selbst dort, wo äußerlich eine Welt voller Schrecken sein mag.

Man fühlt sich dann erinnert an Dietrich Bonhoeffers Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, das auch inmitten der Schrecken eines Weltkrieges und einer Unterdrückung von Christen im Gefängnis geschrieben wurde.

So rufen die Engel mit ihren Posaunen uns heute noch zu: „Ihr Leute von Wilhelmsdorf, vergesst nicht, dass ihr in einer vergehenden Welt lebt. Sie wird an ihr Ende, ihr Ziel kommen. Verliert euch nicht in den Dingen dieser Welt, sondern bleibt ausgerichtet auf den, der da kommt: Jesus.

Und wenn auch Schrecken über diese Welt kommen, erschreckt nicht, fürchtet euch nicht, denn ihr dürft wissen, dass ihr in meiner Hand bleibt und dass diese Welt in meiner Hand bleibt und ich, euer Gott diese Welt an ihr Ziel führe.

So könnten diese Engel auch uns immer neu an das Wesentliche erinnern.

Pfarrer Ernest Ahlfeld